2016/02 Impulse zur Personaloffensive Wissenschaftskarrieren
German U 15 – Impulse zur Personaloffensive Wissenschaftskarrieren
German U15 begrüßt nachdrücklich den Koalitionsbeschluss »Innovation antreiben, Technologietransfer beschleunigen«. Insbesondere die Absolventinnen und Absolventen forschungsstarker Universitäten tragen entschieden zur Innovationskraft unseres Landes bei. Das gilt verstärkt für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die durch ihr Fachwissen und ihre intellektuellen Fähigkeiten die Entwicklung unserer Gesellschaft vorantreiben. Da sie einen maßgeblichen Beitrag zur Innovationsdynamik des Forschungs- und Technologiestandorts Deutschland leisten, bedürfen sie besonderer Förderung durch Wissenschaftseinrichtungen und Politik.
U15 geht bei einer zukunftsorientierten Nachwuchsförderung von folgenden Zielsetzungen aus:
- Sie muss faire Chancen für einen Einstieg in eine wissenschaftliche Karriere bieten.
- Sie muss dauerhafte Perspektiven für die Bestqualifizierten schaffen.
- Sie muss auf transparente und verbindliche Leistungskriterien bezogen sein.
- Sie muss unterschiedliche Karrierewege und Optionen eröffnen.
Für das Erreichen dieser Ziele bedarf es eines konzertierten Bund-Länder-Programmes, das die finanziellen Rahmenbedingungen eines nachhaltigen, nicht nur kurzzeitig wirksamen Förderprogramms auf lange Sicht regelt. Wir begrüßen daher die bereits begonnenen Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern. Zur Zielerreichung müssen auch die Universitäten selbst ihre Personalentwicklung anpassen und sich ihrer Verantwortung für eine zielführende Karriereentwicklung bewusst sein. U15 arbeitet an gemeinsamen Projekten, Schulungen und Grundsätzen.
Dass die Koalition sowohl die »gleichwertige Einbeziehung […] der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Entwicklung planbarer Karrierewege« in die Fortführung der Exzellenzinitiative und zudem eine Personaloffensive zur Verbesserung der Chancen und Planbarkeit von Wissenschaftskarrieren vorsieht, ist als Ansatz gerade aus der Sicht forschungsstarker Universitäten prinzipiell zu begrüßen.
German U15 gibt bezüglich der weiteren Ausgestaltung folgende Impulse:
- Eine langfristige Verbesserung der Karriereperspektiven muss die Weiterentwicklung von Personalstrukturen und Beschäftigungsmodellen mit einer ausdifferenzierten akademischen Personalentwicklung verbinden. Dabei darf der Grundsatz der Leistungsorientierung nicht in Frage stehen.
- Für eine erfolgreiche Weiterentwicklung von Personalstrukturen und Beschäftigungsmodellen ist ein angemessenes Verhältnis zwischen Anstellungsdauer und Qualifikationsziel entscheidend. Verträge sind so zu gestalten, dass die jeweiligen Qualifikationsziele im Rahmen der Vertragslaufzeit erreicht werden können.
- Die Personalstruktur im akademischen Mittelbau sollte durch ein gut balanciertes Verhältnis zwischen Qualifikations und Dauerstellen gekennzeichnet sein. Jede Generation muss eine faire Chance auf einen leistungsbasierten Zugang zum Universitätssystem erhalten; das verlangt die Schaffung einer ausreichenden Zahl von befristeten Qualifikationsstellen. Zugleich müssen genügend Dauerpositionen jenseits der Professur vorhanden sein, und zwar unter Rücksicht auf die bestehenden Daueraufgaben im Forschungsund Lehrsektor. Ihre Zahl bemisst sich nach den im Universitätsbetrieb zu sichernden Funktionen.
- Bei der Ausgestaltung von Tenure Track-Verfahren bleibt zu bedenken, dass der Tenure Track kein Automatismus nach der Berufung auf eine Juniorprofessur ist oder werden darf. Nur die Fokussierung auf transparente und höchste Qualitätskriterien kann eine faire Balance von Zugangsgerechtigkeit und leistungsorientierter Karriereplanung ermöglichen. Zugleich ist sicherzustellen, dass die Besten Zugang zu einer ausreichenden Zahl von Dauerprofessuren erhalten. Daher müssen alle Universitäten eine Strategie zur Gewinnung von hochbegabten jungen Wissenschaftlern und zur Sicherung ihrer Karrierechancen entwickeln. Das Tenure Track-Verfahren könnte hierfür ein tragfähiger Baustein sein.
- Eine ausdifferenzierte akademische Personalentwicklung muss auf der gezielten Förderung der individuellen Potenziale beruhen. Für Postdocs, die den Übergang auf eine Professur oder den Wechsel in eine Dauerstelle (Wissenschaft bzw. Wissenschaftsmanagement) anstreben, müssen klare, sachlich begründete und transparente Kriterien existieren. Ebenso sollten Optionen für den Wechsel aus der Universität in andere Bereiche – z.B. in die Industrie – durch entsprechende Beratungs- und Informationsangebote ab der Promotionsphase sichtbar gemacht und unterstützt werden.
- Die Professorinnen und Professoren tragen eine besondere Verantwortung als Ansprechpartner für die Karriereplanung, insofern sie ihren Doktoranden und den Postdocs unterschiedliche Entwicklungsvarianten und Entscheidungsmöglichkeiten zu verdeutlichen haben. Beratung und Information schließt jedoch keine Garantie absoluter Karrieresicherheit ein. Das wissenschaftliche System verlangt ein hohes Maß an intrinsischer Motivation, zu der intellektuelle Neugierde, Offenheit und Risikobereitschaft gehören. Universitäten bieten keine hundertprozentige Daseinsfürsorge, sondern faire Chancen für die am besten Qualifizierten.
Universitäten bilden und qualifizieren – anders als Unternehmen – ihr Personal nicht in erster Linie für den Verbleib in der eigenen Einrichtung weiter. Sie sind dezentral und teilautonom organisiert. Diese höheren Freiheitsgrade können ein Innovationsmotor für neue Personalstrukturen und Entwicklungskonzepte sein. Exzellenzinitiative und Personaloffensive sollten einen Rahmen geben, der diese Entwicklungen stimuliert und nicht überreguliert.
Die Weiterentwicklung von Personalstrukturen und -modellen und eine verstärkte Implementierung von Personalentwicklungskonzepten benötigen Zeit. In Teilen bedeuten sie für die Universitäten einen Kulturwandel. Damit sich neue Konzepte erfolgreich entfalten können, müssen die Förderzeiträume zum Zweck der Finanzierung von Spitzenforschung langfristig angelegt sein. Für eine gute Balance von Zugangsgerechtigkeit und Karriereplanung ist eine höhere Grundfinanzierung der Universitäten unerlässlich. Sie verlangt ein Bund-Länder-Programm in gemeinsamer politischer Verantwortung für den exzellenten Forschungsstandort Deutschland.