2017/02 Stellungnahme zum Referentenentwurf des Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz
U15-Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz – UrhWissG)
Die U15-Universitäten nehmen den Referentenentwurf des UrhWissG mit Zustimmung zur Kenntnis. Auf Grund der Kürze der Eingabezeit war es uns nicht möglich, eine vollständig ausgewogene rechtliche Analyse durchzuführen. In der nachfolgenden Darstellung spielen daher Beratungen und Analysen der Sachlage durch die Nutzer eine große Rolle.
Die Regelungen des bislang gültigen Urheberrechtsgesetzes haben insbesondere die mit großer Dynamik fortschreitende Digitalisierung von Forschung und Lehre behindert. Der vorliegende Referentenentwurf greift diese Erfahrungen auf und nimmt dabei Rücksicht auf die einschlägige Rechtsprechung.
Den Vorschlag einer allgemeinen Wissenschaftsschranke greift der Entwurf nicht auf. Dennoch steigert die Zusammenführung der für die digitale Nutzung von Publikationen in Lehre und Forschung relevanten Regelungen, die sich bislang an verschiedenen Stellen des Urheberrechtsgesetzes finden (beispielsweise §§ 46, 47, 52a, 52b, 53 und 53a UrhG), die Transparenz. Von dieser Klarheit profitieren sowohl Urheber als auch Nutzer.
Grundsätzlich balanciert der Entwurf die Interessen von Urhebern, Verlagen und Nutzern aus. Denn wie das in Art. 14 GG geregelte materielle Eigentumsrecht, ist auch das geistige Eigentum sozialgebunden und unterliegt Schranken im Interesse der Allgemeinheit. Hervorzuheben an dem Entwurf ist insbesondere die deutlich verbesserte Anwenderfreundlichkeit. Die tägliche Umsetzung der Schrankenregelungen betrifft vor allem Personal, das zumeist nicht juristisch ausgebildet ist, dessen Aktivitäten gleichwohl Haftungen für die Universitäten begründen. Die detaillierte Kontrolle dieser Haftungstatbestände ist auch im Rahmen einer zeitgemäßen und professionellen Hochschulgovernance kaum möglich. Klare Regelungen für erlaubte Nutzungen begrüßen die U15-Universitäten vor diesem Hintergrund ausdrücklich.
Darüber hinaus begrüßen die U15-Universitäten die Technologieneutralität der Regelungen und die Tatsache, dass der Entwurf denjenigen Rahmen berücksichtigt, den die EU in der InfoSoc-Richtlinie bereits gesetzt hat, dass er diesen Rahmen auslotet und in nationales Recht übersetzt.
Die Schranken im Einzelnen
Klarstellung bei der Zitierbefugnis in § 51 UrhG
Die U15-Universitäten begrüßen diese Änderung, da sie im Hinblick auf eine in der Praxis häufig auftretende Problemlage Klarheit schafft.
Änderungen bei § 52 UrhG
In § 52 UrhG sollten neben Einrichtungen der Wohlfahrtspflege auch die Universitätsbibliotheken aufgenommen werden. Lesungen spielen eine große Rolle insbesondere bei der Leseförderung von Kindern oder auch im Rahmen von Kinder-Unis. Lesungen sollten gleichrangig zu Veranstaltungen der Wohlfahrtspflege privilegiert werden, da es ein vergleichbar wichtiges öffentliches Interesse an solchen Veranstaltungen und einen entsprechenden öffentlichen Auftrag gibt.
Änderungen bei § 53 UrhG
Die Streichungen in § 53 UrhG bedingen Verlagerungen in neue Paragraphen. Eine Auslassung scheint aber ungewollt aufgetreten zu sein. Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4b UrhG, dürfen Bibliotheken Bücher, die nicht in ihrem Bestand sind, „auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels photomechanischer Verfahren“ kopieren, soweit sie seit mindestens zwei Jahren vergriffen sind. Bisher ist es erlaubt, lokale Lückenergänzungen vorzunehmen, wenn das fehlende Werk nicht für den eigenen Bestand zu erwerben ist. Die Berechtigung zum Verleih ist in § 53 Abs. 6 Satz 2 UrhG (der nicht verändert werden soll) geregelt. § 60e UrhG-E erlaubt jedoch nur Vervielfältigungen aus dem eigenen Bestand und kann daher auch bei länger vergriffenen Werken nicht zur lokalen Lückenergänzung auf Papier genutzt werden. Hier sollte nachgebessert werden.
Unterricht, Lehre und wissenschaftliche Forschung § 60a, b und c UrhG-E
Mit dem Verzicht auf unbestimmte Rechtsbegriffe wird einer Forderung der Wissenschaft Rechnung getragen. Die vorgeschlagenen Regelungen stellen Rechtssicherheit her und ermöglichen eine deutlich vereinfachte Handhabung. Werkarten und privilegierte Nutzungsumfänge werden nachvollziehbar definiert.
Die Verlagerung des bisherigen § 46 UrhG in den Katalog der Bildungs- und Wissenschaftsschranken ist konsequent und sinnvoll. Auch die bisherige Unterscheidung zwischen Sammlungen zum Unterricht an Schulen einerseits und zum Unterricht an Hochschulen andererseits wurde sinnvollerweise aufgegeben. Die Neuregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Lehre und Forschung an der Universität entsprechende digitale Nutzungsmöglichkeiten brauchen.
Es sollte klargestellt werden, dass das Recht auf Vervielfältigung auch das „Vervielfältigen-Lassen“ im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG umfasst. Die in § 60a UrhG-E geregelte Ausnahme nur für Schulbücher erscheint uns deswegen pragmatisch, da es für wissenschaftliche Lehrbücher (leider) keine geschützte Definition und keinen definierten Markt gibt.
Die in § 60a Abs. 1 des Entwurfs festgelegte Obergrenze von 10 Prozent eines Werkes erscheint den U15-Universitäten als zu gering. Sie sollten im Sinne der Allgemeinheit erheblich ausgedehnt werden, auch wenn ihre Nutzung vergütungsfrei erfolgt, § 60h Abs. 2.
Die in § 60b Abs. 1 geregelte Verfügbarkeit von 10 Prozent eines veröffentlichten Werkes für eine öffentliche Zugänglichmachung erklärt sich auch vor dem Hintergrund der in § 60h Abs. 3 Satz 2 nicht (Begründung des Gesetzentwurfs, S. 48). Die U15-Universitäten schlagen vor, diese Beschränkung deutlich auszuweiten.
Die in § 60c Abs. 1 des Entwurfs festgelegte Obergrenze von 25 Prozent eines Werkes erscheint en U15-Universitäten als zu gering. Da der Urheber Interesse an der Nutzung seines Werkes hat, sollte sie deutlich höher angesetzt werden. Die Nutzer zahlen dafür eine angemessene Vergütung.
Für die §§ 60a und 60c UrhWissG-E regen wir an, die sehr wichtigen Konferenzbeiträge und Artikel in Sammelbänden einzubeziehen, da sie oftmals wichtige Quellen für die Arbeit der Forscher darstellen.
Text- und Data-Mining § 60d UrhG-E
Die Einführung einer Schranke zu Text- und Data-Mining ist für zukunftsträchtige Spitzenforschungvon großer Bedeutung. Es muss möglich sein, größere Datenmengen, zu denen es legalen Zugang gibt, automatisiert zu sichten und auszuwerten. Das reine Lesen des Informationsgehaltes ist nach Ansicht der U15-Universitäten keine urheberrechtlich relevante Nutzung. Allein die bei solchen Prozessen auftretenden temporären Kopien können dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen. Der damit verbundene Eingriff in die Urheberrechte ist äußerst gering.
Mit der Schaffung einer Schranke für temporäre Kopien, die im Kontext von Text- und Data-Mining angefertigt werden, wird deshalb vor allem ein rechtssystematisches Problem gelöst, das gegenwärtig ein großes Hindernis darstellt. Vertragliche Lösungen, die einige Verlage inzwischen anbieten, lösen das Problem nicht, weil sie die freie Entfaltung von Forschungsaktivitäten behindern. Nötig sind verlagsübergreifende Möglichkeiten, die auch das Internet umfassen.
Die Universitätsbibliotheken begrüßen grundsätzlich den Ansatz, dass sie nach § 60 d Abs. 3 Satz 2 als ‚vertrauenswürdige Dritte‘ zusätzliche Rechte zur dauerhaften Sicherung der Daten erhalten sollen. Hier wird in der Praxis viel von Einzelvereinbarungen abhängen, die im Moment noch nicht vorhersehbar sind.
Die Schranke ist an der Stelle jedoch zu eng formuliert, wo sie die Nutzung allein auf wissenschaftliche Zwecke begrenzt. Wir schlagen vor, sie für nicht-kommerzielle Zwecke zu öffnen.
Universitätsbibliotheken § 60e UrhG-E
Die U15-Universitäten begrüßen die Zusammenführung aller bisherigen unterschiedlichen Schranken für Bildung und Wissenschaft.
Absatz 1
Die Entwurfsbegründung führt aus, dass der Begriff ‚Bestand‘ im Gesetzestext „auch elektronische Bestände, zu denen die Bibliothek auf Basis von Nutzungsverträgen mit Inhalteanbietern ihren Nutzern den Zugang gewähren darf“ umfasst (Begründung des Gesetzentwurfs, S. 42). Dies entspricht der derzeitigen Praxis. Es sollte im Sinne der Rechtssicherheit im Gesetzestext klargestellt werden.
Die Erlaubnis zur Änderung von Formaten und zu mehrfachen Sicherheitskopien im zweiten Halbsatz ist für Einrichtungen, die gesetzlich mit der dauerhaften Bewahrung von digitalen Informationen betraut sind, außerordentlich wichtig. Hier wird eine bestehende Lücke geschlossen, die für den dauerhaften Erhalt kulturellen Erbes von großer Bedeutung ist.
Absatz 2
Die Neufassung zum Umgang mit restaurierten Werken begrüßen die U15-Universitäten ausdrücklich. Die Klarstellung, dass Sicherheitskopien die Originale auch beim Verleih ersetzen, wenn die Originale zerstört worden sind, ist hilfreich. Allerdings ist denkbar, dass auch Institutionen wie beispielsweise Hochschulinstitute oder das Archiv eines kommerziellen Verlages über restaurationsbedürftigen Bestand verfügen. Die eindeutige Festlegung, dass es sich ausschließlich um Restaurationszwecke handeln darf, ist nach Ansicht der U15-Universitäten ausreichend, um einen Missbrauch zu verhindern.
Von der bisherigen Regelung in § 53 Absatz 6 Satz 2 UrhG unterscheidet sich die Neuregelung dadurch, dass in § 60h Absatz 1 UrhG-E ein neuer Vergütungstatbestand geschaffen werden soll, weil die Vergütung für den Verleih noch nicht durch § 27 Abs. 2 abgegolten sei. Da die Restaurierung erst ermöglicht, dass beschädigte Werke wieder in den Verleih gehen und Urheber nach § 27 Abs. 2 UrhG entschädigt werden, ist die Regelung nicht schlüssig.
Zudem führt dieser Vergütungstatbestand zu unplausiblen Verzerrungen: Kommerzielle Bibliotheken können weiterhin § 53 Abs. 6 Satz 2 verwenden. § 53 Abs. 6 wird über die Geräteabgabe abgegolten. Nicht-kommerzielle Bibliotheken zahlen ebenfalls eine Geräteabgabe und unterliegen einer zusätzlichen Vergütungspflicht.
Wie oben im Hinblick auf § 53 bereits erwähnt, führt § 60e UrhG-E bei Werken, die im Handel nicht mehr erhältlich sind, eine Bestandsakzessorietät ein, die in § 53 UrhG alter Fassung nicht gegeben ist. Die bisherige Regelung at sich bewährt und sollte deshalb erhalten bleiben.
Absatz 3
Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen ein Buchhändler zu Werbezwecken Abbildungen der Buchcover nach § 58 Abs. 1 UrhG im Internet zeigen darf, Bibliotheken dies zur Bewerbung ihres Bestands aber nicht gestattet ist. Coverabbildungen in den digitalen Bibliothekskatalogen steigern die Nutzfreundlichkeit erheblich. Die U15-Universitäten regen daher an, Absatz 2 nach „Verbreitung“ durch „und öffentliche Zugänglichmachung“ zu ergänzen. Auch hier ist eine angemessene Vergütung über eine Verwertungsgesellschaft denkbar.
Absatz 4
Die U15-Universitäten bedauern die geplante Einschränkung der erlaubten Vervielfältigungen an Terminals in den Räumen einer Bibliothek. Aufgrund der bisherigen Nutzungserfahrungen der großzügigeren Regelung in § 52b UrhG ist kaum zu erwarten, dass die Nutzung sehr umfangreich sein wird. Dass nun deutlich präziser formuliert wird, ist begrüßenswert („Terminals“ statt „Leseplätze“ sowie die genaue Definition des erlaubten Nutzungsumfangs). Die strenge Bestandsakzessorietät, die bisher auch bei Belastungsspitzen eingeschränkt war, wird ganz aufgegeben. Das ist technisch einfacher umzusetzen und dürfte die Akzeptanz der Norm erhöhen.
Die Formulierung „Vervielfältigungen an den Terminals“ ist jedoch missverständlich: Die Ausdrucke sollten ja auch an anderer Stelle erfolgen können, etwa an einem zentralen Druck- und Kopierservice, wo diese Leistung abgerechnet werden kann. Diese Möglichkeit sollte in der amtlichen Begründung erwähnt werden.
Absatz 5
Die Änderungen für den Kopienversand sind ausgewogen und entsprechen weitgehend dem tatsächlichen Bedarf. Die Zahlen zum Kopienversand sind rückläufig. Ein zeitgemäßer Versand per E-Mail oder die Bereitstellung auf einem FTP-Server ist nach bisherigem Recht nur unter starken Einschränkungen gestattet. Die nicht mehr zeitgemäße Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der technischen Übermittlung (Unterscheidung zwischen FAX und E-Mail) wurde von Bibliotheken schon lange als äußerst hinderlich kritisiert.
Die Beschränkung auf nur 10 Prozent des Werkumfangs erscheint aus Sicht der U15-Universitäten als zu eng. In beiden Gesamtverträgen zum (inner- und außerbibliothekarischen) Leihverkehr hatten sich die Vertragspartner auf 15 Prozent geeinigt. Da kommerzielle Verlagsangebote in der Praxis trotz der langen Anwendungszeit der Norm bisher kaum entstanden sind, ist es konsequent, den Vorrang von Verlagsangeboten – wie im Entwurf vorgesehen – zu streichen.
Die Universitätsbibliotheken teilen die Auffassung, dass eine intensivere Nutzung bei der Bemessung der Vergütung berücksichtigt werden muss. Da die Vergütung aufgrund der absoluten Zahlen der getätigten Übermittlungen erfolgt, ist damit zu rechnen, dass mit einer steigenden Zahl versandter Kopien auch die entsprechende Vergütung steigt.
Es sollte aber auch deutlicher als bisher klargestellt werden, dass der Versand an die Angehörigen der eigenen Einrichtung nicht vergütungspflichtig ist. Der Sinn der Vergütungspflicht liegt darin, angebliche Minderverkäufe auszugleichen, die dadurch entstehen könnten, dass ein Werk über einen Kopienversand beschafft wird. Im – zuletzt strittigen – Rahmenvertrag zum Kopienversand nach § 53a UrhG war ausdrücklich festgelegt, dass der einrichtungsinterne Versand („einschließlich Fernstudenten“) nicht unter § 53a UrhG fällt und nicht vergütungspflichtig ist.
Für dieses Verständnis spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 53a, der ja spezifisch zur Regelung der Kopienversanddienste nach außen geschaffen wurde, wie etwa an der TIB Hannover (BGH, Entscheidung vom 25.02.1999 - I ZR 118/96). Die U15-Universitäten schlagen daher vor, in § 60h Abs. 3 UrhG-E am Ende eine Regelung dahingehend aufzunehmen, dass die Übermittlung an Angehörige der eigenen Einrichtung, wenn es sich um eigenen Bestand handelt, vergütungsfrei bleibt.
Gesetzliche erlaubte Nutzung und vertragliche Nutzungsbefugnis § 60g UrhG-E
Die U15-Universitäten begrüßen die Regelung in § 60g UrhG-E. Die ausbalancierte Schrankensystematik im Gesetzesentwurf beinhaltet bereits die Abwägung nach dem 3-Stufen-Test und trägt der Sozialgebundenheit des geistigen Eigentumsrechts nach der Verfassungslogik Rechnung. Um die fundamentalen Änderungen, die sich im Vergleich zum traditionellen Papiermedienkauf durch die Digitalisierung ergeben, nicht zu einem Buy-out gesetzlich möglicher Nutzungsmöglichkeiten werden zu lassen, muss die Geltung der gesetzlichen Schranken unter den Bedingungen der Digitalisierung gewährleistet sein.
Auch hat in keinem der Fälle, in denen es im derzeitigen Urheberrecht einen Vorrang von vertraglichen Regelungen (oder gar nur deren Angebot) gibt, eine Verhandlung zur Verbesserung der Informationsversorgung geführt. Der Prüfaufwand der Verträge hat sich in der Praxis als zu groß und damit als wirtschaftlich unsinnig erwiesen – und, falls juristischer Rat benötigt wird, auch als zu teuer. Das hat zur Folge, dass für Bildung und Forschung wichtige Nutzungen derzeit unterbleiben.
Der Verzicht auf einen Vorrang von Verlagsangeboten bedeutet keineswegs, dass entsprechende Angebote von Verlagen weniger genutzt werden. Denn die Universitätsbibliotheken greifen nachweisbar in sehr hohem Umfang zu Verlagsangeboten. Bund, Länder und Kommunen geben derzeit etwas mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr für die Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken im Wissenschaftsbereich aus. Davon wird nur ein Bruchteil, nämlich etwa 26,5 Millionen Euro, über Verwertungsgesellschaften ausgezahlt (vgl. Referentenentwurf UrhWissG, S. 28). Es ist nicht plausibel, weshalb diese hohe öffentliche Investitionssumme durch die eher moderaten Änderungen im Urheberrechtsgesetz signifikant zu Lasten der Rechteinhaber sinken soll.
Pauschale Vergütung § 60h UrhG-E
Die Notwendigkeit einer Vergütung für die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken wird von den U15-Universitäten ausdrücklich anerkannt. Auch das Urteil des BGH von 2013 zum Rahmenvertrag mit der VG Wort spricht von einer Vergütungspflicht, einzelfallbezogen allerdings nur so lange, wie diese Prüfung unter angemessenen Bedingungen erreichbar ist (BGH, I ZR 76/12 vom 28. November 2013).
Das an der Universität Osnabrück durchgeführte Pilotprojekt zur Erprobung der Einzelfallerhebung und -vergütung bei § 52a UrhG hat bereits deutlich gemacht, in welchem Ausmaß eine Hochschule im Falle der Einzelfallerhebung Ressourcen aufwenden muss – und zwar unabhängig von der derzeit diskutierten Frage, ob dieser Aufwand bei den Hochschullehrern anfallen sollten oder ob diese auf die Hochschulbibliotheken verlagert werden. Dieser Aufwand erscheint den U15-Universitäten im Vergleich zu den erhobenen Nutzungsgebühren als wirtschaftlich unsinnig.
Ein wesentlicher Vorteil von Verwertungsgesellschaften besteht dann auch darin, die sonst sehr aufwändigen Einzelverhandlungen mit zahllosen Rechteinhabern zu bündeln und so reibungslose und schnelle Nutzungen von Urheberrechtsschranken zu ermöglichen.
Die U15-Universitäten sprechen sich deutlich für die vorgesehene Pauschalvergütung als Regelfall aus (unbeschadet von Einzelfallvergütungen in besonderen Fällen wie §§ 60b und 60e Abs. 5 UrhG-E).
Verwaiste Werke § 61a UrhG
Mit der Schranke für eine Nutzung verwaister Werke sind bislang keine guten Erfahrungen gemacht worden. Daran dürfte auch die grundsätzlich richtige und nachvollziehbare Ergänzung wenig ändern. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die EU-rechtlich vorgegebene „sorgfältige Suche“ einen derart hohen Aufwand erforderlich macht, dass die meisten privilegierten Gedächtnisorganisationen die Schranke nicht anwenden, zumal sie die Haftung bei etwaigen Fehlern trifft. Entsprechende Änderungen auf europäischer Ebene wären begrüßenswert, da das Problem der verwaisten Werke weiterhin besteht.