German U15 & TU9: Leerstellen im geplanten Forschungsdatengesetz
Einleitung
Die TU9 und German U15 begrüßen die Veröffentlichung der Eckpunkte zum Forschungsdatengesetz durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Kernziele – verbesserter Zugang zu Daten der öffentlichen Hand durch die Schaffung eines Micro Data Centers, ein forschungsfreundlicherer Datenschutz, die Stärkung der bundesweiten Datenschutzaufsichtsbehörde und die Erweiterung der Schrankenregelungen sowie die verbesserte Auffindbarkeit von Daten – adressieren wichtige Bedarfe der Wissenschaft.
Um einen wirklichen Durchbruch für die Forschung zu erzielen, sollte neben den angestrebten Verbesserungen aus unserer Sicht vor allem auch der Rechtsrahmen für den Zugang und die Nutzung von Forschungsdaten im Sinne gemeinwohlorientierter Forschung vereinheitlicht, damit verbundene Begrifflichkeiten eindeutig definiert und Verantwortlichkeiten festgeschrieben werden. Darüber hinaus ist es zwingend erforderlich, den Betrieb und die Weiterentwicklung verlässlicher Infrastrukturen für das Auffinden und Nachnutzen von Forschungsdaten langfristig abzusichern.
Wir sind überzeugt, dass das Gesetz einen ersten wichtigen Schritt zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verfügbarkeit, Nachnutzbarkeit und Verknüpfung von Daten bedeuten kann. Wir weisen aber darauf hin, dass auch angesichts der dynamischen Entwicklungen im Bereich des Forschungsdatenmanagements zukünftig weitere gesetzliche Anpassungen zur Stärkung der Forschung vorgenommen werden sollten. Als Vertretung forschungsstarker Universitäten in Deutschland fordern die Universitäten von German U15 und TU9 die Bedarfe der Wissenschaft im geplanten Forschungsdatengesetz noch stärker zu berücksichtigen. Um den größtmöglichen Effekt sowohl für die datenbasierte Forschung als auch die evidenzbasierte Politikberatung zu erzielen, setzen sich TU9 und German U15 gemeinsam dafür ein, zusätzlich zu den Inhalten der Eckpunkte nachfolgende Faktoren im Referentenentwurf zum Forschungsdatengesetz abzubilden:
TU9 und German U15 setzen sich gemeinsam dafür ein, zusätzlich zu den Inhalten der Eckpunkte nachfolgende Faktoren im Referentenentwurf zum Forschungsdatengesetz abzubilden:
1 THEMENKOMPLEX: ZUGANG DER FORSCHUNG ZU DATEN DER ÖFFENTLICHEN HAND UND MICRO DATA CENTRE
Die Eckpunkte nehmen vor allem die Bedarfe der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in den Blick und streben an, einen verbesserten Zugang zu amtlichen Statistik-/Registerdaten zu ermöglichen und deren Verknüpfung zu erleichtern. Im Sinne des beabsichtigten sektorübergreifenden Ansatzes des Gesetzes sollte die Perspektive auf Forschungsdaten erweitert und Verbesserungen hinsichtlich der Daten anderer Fachdisziplinen sowie Daten aus der Wirtschaft vorgenommen werden.
- TU9 und U15 unterstützen die Stellungnahme des RatSWD, dass ein Mikrodatenzentrum erst dann von Nutzen ist, wenn die nötigen datenschutzrechtlichen Grundlagen geschaffen werden, z.B. in Form neuer Erlaubnistatbestände für die Forschung, welche beispielsweise Datenverknüpfungen datenschutzrechtlich zulässig machen oder einer erleichterten Rückverfolgung von Proband*innen zu Forschungszwecken. Das Mikrodatenzentrum sollte der Forschung die Möglichkeit geben, Daten aus unterschiedlichen Quellen und verschiedenen Rechtsbereichen sowie von verschiedenen föderalen Ebenen zu verknüpfen.
- Die Gesetzesperspektive sollte auf andere Forschungsfelder, Datenquellen und Datenarten erweitert werden, beispielsweise auf weitere wissenschaftsgenerierte Daten jenseits der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Daten aus Ressortforschungseinrichtungen des Bundes (bspw. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)), weitere Behördendaten jenseits von Statistik- und Registerdaten, z.B. Geodaten, sowie Daten aus (teil)öffentlich finanzierter Forschung mit der Wirtschaft. Diese Datenbestände sollten frei verfügbar und über persistente Identifikatoren langfristig auffind- und referenzierbar sein. Um einen ausgeglichenen Datenzugang zu Forschungsdaten und Datenökosystemen der Wirtschaft, beispielsweise durch die Verknüpfung von GAIA-X und NFDI, zu ermöglichen, muss das Forschungsdatengesetz den entsprechenden Rechtsrahmen schaffen und die Verantwortlichkeiten für Aufbau und Betrieb nachhaltiger Infrastrukturen – v.a. Datentreuhänder, sichere Schnittstellen, nachhaltigen Betrieb von Repositorien – klar definieren.
- Des Weiteren sollte die gesetzliche Einführung eines Informant*innenschutzes für die Forschung den Schutz von Datenquellen erleichtern. Das Gesetz sollte zudem Beschlagnahmeverbote, Zeugnisverweigerungsrechte sowie Verschwiegenheitspflichten beinhalten.
- Dringender rechtlicher Reformbedarf aus Sicht der Forschung besteht darüber hinaus im Bereich der Urheber- und Leistungsschutzrechte, um die Nachnutzung und Bereitstellung von Forschungsdaten als Open Data rechtssicher zu ermöglichen.
2. THEMENKOMPLEX: AUFFINDBARKEIT VON FORSCHUNGSDATEN UND SCHAFFUNG VON METADATENKATALOGEN
Die Auffindbarkeit und Nachnutzung von Forschungsdaten hängt entscheidend von deren Beschreibung durch passende Metadaten sowie von der Verfügbarkeit verlässlicher Infrastrukturen ab. Das Ziel einer einheitlichen Metadatenplattform, wie sie in den Eckpunkten vorgesehen ist, sollte es daher aus unserer Sicht sein, Forschungsdaten sichtbar und mittels standardisierter Vokabulare auffindbar zu machen. Hierfür sollten die bereits seit Jahren entwickelten und in den Fachcommunities breit genutzten Angebote, wie in der NFDI, den (fachspezifischen) Forschungsdatenrepositorien oder Portalen wie re3data, unbedingt berücksichtigt und integriert und eine Verdrängung durch neugeschaffene, zusätzliche Metadatenkataloge vermieden werden.
- Die Universitäten von TU9 und U15 schließen sich der Position der NFDI-Geschäftsstelle an, die Schaffung neuer Doppelstrukturen neben Fach- und institutionellen Repositorien, NFDI und EOSC zu vermeiden und breit angewendete fachspezifische und generische Standards zu stärken. Die Architektur einer Metadaten-Plattform sollte die bereits bestehenden fachspezifischen Standards und Infrastrukturen, wie sie beispielsweise in den Fachkonsortien der NFDI und der European Open Science Cloud (EOSC) entwickelt und genutzt werden, zwingend berücksichtigen. Ein einheitlicher Grundstandard, basierend auf den international etablierten Standards DataCite oder Dublin Core, sollte der Entwicklung der angestrebten Metadaten-Plattform zugrunde liegen. Der Neuschaffung eines eigenen Metadatenstandards stehen wir kritisch gegenüber.
- Darüber hinaus ist es aus Sicht der Universitäten von German U15 und TU9 notwendig zu definieren, welche öffentlichen Forschungseinrichtungen im Gesetz adressiert werden und welche Mindestanforderungen (z.B. IT-Schnittstellen, etablierte Metadatenstandards) zukünftige sowie bereits vorhandene Systeme für die Aggregation von Metadaten in einem zentralen Suchportal erfüllen müssen.